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Contrapunclus XIV (Fuge no. 14, The Art of Fugue)

Commission: Gewandfhaus Orchester, Leipzig

World premiere: Bachfest Leipzig, June 2019

Bremeb kammerphlharmonie, Omer Meir Wellber

Contrapunctus XIV 210416 Swedish Radio Symph.Orch
00:00 / 11:02

J.S. Bach – Contrapunctus XIV

Orchestration: Ella Milch-Sheriff (2019)

Bach is for me the one composer whose music I can always listen to in any instrumentation. He is my greatest teacher and I have no doubt that he is the chosen composer to go with me wherever I go. His music, pure, beautiful, sincere and skillfully done, is unique in all music history.
When I was asked to orchestrate the last fugue of “The Art of Fugue”, I did not know the piece and was overwhelmed by its beauty and perfection.
I realized that I was given the most special of all fugues. The one which Bach had no time to complete and it ends in the middle of the bar, like a breath that suddenly stops.
I had to understand why Bach did not reach the end of the most advanced music that he ever wrote.  Bach apparently did not die in the middle of composing this fugue but he did loose, in the last year of his life, the ability to see and to compose by himself. He needed the help of others in order to complete his compositions. The documents left from Bach's period teach us that he composed “The Art of Fugue” during 10 years and that he re-wrote them, corrected and changed them many times during those years.
The last Fugue was meant to be a 4 themes Fugue and the pick of all this Masterpiece. The 3rd theme is based on the letters BACH in music and this is obviously his signature for the last fugue which, he knew, will be one of his last compositions if not the last one. I can sense that Bach needed much more time in order to finish this fugue the way that only he could do. That is why it was clear to me from the start that I will not finish the fugue but leave it the way it is: incomplete.
I felt so privileged to receive such a huge mission from Maestro Omer Meir Wellber and the Gewandhaus Orchester Leipzig, but I still could not even imagine how sublime this music is, much more sublime than any music I have ever “touched” before.
The orchestration process gave me such pleasure and joy dealing with such great beauty. I did not think about Bach's period when orchestrating the fugue but about a contemporary orchestra that will transfer, as much as possible, the different voices, the unique harmonies and the changes of moods.
The premiere took place in Leipzig,in Bachfest 2019. 
The sound of the orchestra in the Thomaskirche, where Bach himself played and heard his music, was beyond any expectations for me. 
When I came to the end of my work I knew: This is a modest attempt, one out of many, to orchestrate Bach’s music, as Bach's music is greater than any of its orchestrations. I am so grateful to have been given the opportunity to make this attempt and be, for a while, part of this greatness.
 

Ella Milch-Sheriff

REVIEWS

Kammerphilharmonie Bremen unter
Wellber „Vollendet unvollendet“ in der
Thomaskirche

„Vollendet unvollendet“: Acht Bearbeitungen von acht Fugen und Mendelssohns „Christus“-
Fragment beim Bachfest in der Thomaskirche

Leipzig. Heilige Schrift der heiligen Kunst der Stimmführung, Summe
und Krönung abendländischer Polyphonie – an Superlativen besteht
kein Mangel, wenn von Bachs „Kunst der Fuge“ die Rede ist.
Vierzehn Fugen und vier Kanons über ein durchgehendes Thema
umfasst dieses Sammelwerk, ein unerschöp icher Fundus für
Komponisten aller Zeiten und Länder. Und das gerade deswegen, weil
sämtliche Angaben zu Reihenfolge, Besetzung, Tempi, Phrasierung,
Dynamik fehlen – nacktes Material, das nur danach schreit, mit
modernen kompositorischen und instrumentalen Werkzeugen
bearbeitet zu werden.
Omer Meir Wellber, hauptamtlich Erster Gastdirigent der Semperoper
Dresden, gab daher den Anstoß für ein reizvolles Experiment: Acht
Komponisten aus sieben Nationen erhielten vom Gewandhaus den
Auftrag, jeweils eine der vierzehn Fugen, im Original als Contrapunctus
bezeichnet, für modernes Orchester einzurichten. Seltsamerweise ist es
aber nicht das Gewandhausorchester, sondern die Deutsche
Kammerphilharmonie Bremen, die unter der Leitung Wellbers das
Gemeinschaftswerk aus der Taufe hebt – in einer Thomaskirche, die
während des Bachfests auch unter der Woche schon mal besser gefüllt
war.

Aus dem Vollen geschöpft

Bei der Wahl der instrumentalen Mittel stand es den acht Bach-
Bearbeitern frei, aus dem Vollen zu schöpfen, an Rhythmus und

Stimmverläufen durfte jedoch der Wiedererkennbarkeit halber nicht
gerüttelt werden. Maximilian Otto, 1998 geborener Dirigierstudent aus
Dresden, scheint sich letzteres besonders zu Herzen genommen zu
haben. Für ihn ist weniger mehr. Dem Contrapunctus I lässt er in seiner
ganzheitlichen Schlichtheit unangetastet. Es beginnen die Streicher,
den nächsten Stimmeinsatz übernimmt die Oboe, und nach behutsam
vorbereitendem Paukenwirbel darf sich auch das Blech zu Wort melden.
Der Studienanfänger orchestriert mit staunenswerter Sicherheit am
natürlichen Fluss der Musik entlang – und gelangt so zu einem
Ergebnis, das den Vergleich mit denen seiner arrivierten
Komponistenkollegen nicht zu scheuen braucht.
Erst recht nicht, weil Péter Tornyai (31) mit dem Contrapunctus V einen
weniger gelungen Gegenentwurf liefert. Die häu
gen

Instrumentenwechsel innerhalb der Stimmen stiften beim Hören mehr
Verwirrung, als dass sie gefällige Abwechslung böten. Auch der
Italiener Carlo Boccadoro(55), der sich den siebten Contrapunctus
ausgesucht und ihn mit „Weitwinkel mit Bach“ betitelt hat, bedient das
gesamte instrumentale Spektrum,

ndet aber zu einem alle
Orchesterfarben weit schlüssiger vereinenden Mischklang.

Posthume Heiterkeit
Das gilt auch für den Schweden Sven-David Sandström und seinen
„The Hidden Treasure“ überschriebenen Contrapunctus VIII. Im
Programmheft ist nachzulesen, dass der Komponist am P

ngstmontag

mit 76Jahren gestorben ist. Die Urau

ührung erfolgt auch im
Gedenken. Seine Orchestrierung aber verströmt eine passagenweise
divertimentoartige Heiterkeit.
Die Steigerung davon, festliche Opulenz, bietet Ferran Cruixent,
Jahrgang 1976. Der Katalane, der auch Musik für Filme und Videospiele
in seinem Werkkatalog vorzuweisen hat, beschließt den Contrapunctus
IX mit Trompetenglanz und Paukenpomp.
Bernd Franke (60) erweitert danach die klassische Orchesterbesetzung
um ein Akkordeon, das er zu Beginn und Ende der Nr. XI mit einer auf
der Seitenempore platzierten Trompete dialogisieren lässt. Während
Franke Raume

ekte durch kammermusikalische Reduktion erzielt,
breitet die 1978 geborene usbekische Komponisten Aziza Sadikova eine
mikrotonal schillernde Klang

äche aus, der nur mit einiger Mühe der

Contrapunctus XII zu entnehmen ist.

Einige Längen
Gäbe es noch die unvollendete Nr. XIV. Diese zu orchestrieren, wurde
der israelischen Komponistin Ella Milch-Sheri

(64) aufgetragen. Viel

Respekt habe sie davor gehabt, und den hört man der
orgelregisterartigen Behandlung der Instrumente auch an. Bis zum
verschwebenden pizzicato-Abbruch bleiben einige Längen nicht aus.
Nach der Pause erhält die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
Verstärkung durch den Gewandhaus-Chor: Mendelssohns Fragment
„Christus“ und der 42.Psalm stehen nun auf dem Programm.
Die Oratorienteile über Geburt und Passion Christi erstaunen durch ihre
unverblümte Bach-Rezeption. Dass der evangelische Klassizist
Mendelssohn stellenweise die gleichen Texte heranzieht wie Bach im
Weihnachtsoratorium und in den Passionen, fällt umso mehr auf, als
sie sogar ähnlich vertont sind. Fast ließe sich das Fragment also als
komponierter Bach-Kommentar hören – freilich von allerhöchster
Qualität.

Schroffe Klanggewalt
Der zweite Teil über das Leiden Christi ist ein von Werner Güra
expressiv dargebotener Evangelisten-Rezitativ mit eingeschobenen
Turba-Chören, denen es der Gewandhaus-Chor an schro
er
Klanggewalt nicht mangeln lässt. Mit Heinrich Isaacs „O Welt, ich muss
dich lassen“ endet das Fragment im dichten Männerchorsatz, mit
jenem Choral also, den schon Bach in seiner Matthäuspassion von so
vielen Seiten beleuchtet hat.
Herrlich gelingt auch die Psalmvertonung „Wie der Hirsch schreit“, ein
Oratorium en miniature, bei dem die Kammerphilharmonie Bremen
einen warmen, vollen und doch transparent aufgefächerten
Streicherklang verströmt. Nur Sarah-Jane Brandons leuchtkräftigem
Sopran hätte etwas weniger Vibrato im Dienst der Textverständlichkeit
gutgetan. Und der Thomaskirche ein paar Besucher mehr.


Von Werner kopfmüller

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